Mittwoch, 11. September 2013
Hockey, Mashrutkas und Heuschreckenastronauten
Die erste Woche hab ich mittlerweile hinter mir, der Kulturschock ist immer noch zu verkraften, da ich mich in Deutschland mithilfe von Borschtsch und Wodka zu mindest in diese Richtung vorbereiten konnte.
Schon diese Woche habe ich soviel erlebt, das alles en detail hier aufzuschreiben wohl zu viel des Guten wäre, sodass ich nur ein paar Ereignisse beschränken werde.
Die letzte Woche konnte ich mich entspannt ein bisschen einleben, da die Arbeit erst diesen Montag begann. Ich konnte die nähere Umgebung meiner Wohnung und die Stadt ein bisschen in Begleitung meiner ukrainischen Kollegin Anna erkunden.
In den Wohnvierteln hier gibt es Parks, die im Sommerhalbjahr einem Rummelplatz gleichen, auf dem man Bier trinken oder mit Luftgewehr-AKs auf Bierdosen ballern kann.
Am Freitag gings dann zum Eishockey, HC Donbass gegen Slovan Bratislava (DonBass hat natürlich gewonnen). Die Tickets dafür gab es umsonst, organisiert von einer ukrainischen Freundin, die Fähigkeit für sowas scheint hier ebenso hilfreich wie weit verbreitet zu sein.
Den Tag darauf war ich bei einem Konzert einer lokalen PostMetal-Gruppe auf dem ehemaligen Fabrikgelände "Isolaziya", das in ein großes Kunstprojekt umgewandelt wurde. In den Hallen und Büros sind jetzt wechselnde Kunstinstallationen, vor allem moderne Kunst á la "Was wäre wenn die Menschen Heuschrecken zu Astronauten ausgebildet hätten?", ziemlich abgespacester Kram aber interessant in der Umsetzung und insbesondere im Ambiente der verfallen Fabrik.
Hin und Her kommt man hier am besten mit Maschrutkas, einem Fortbewegungsmittel das überall in der Ex-UdSSR zu finden ist. Maschrutkas sind private, meistens gelbe Kleinbusse, mit denen man für umgerechnet 20 Cent durch die ganze Stadt kommt. Diese Busse stammen oft auch noch aus der Sowjetzeit, und ich vermute ein Blick unter die Motorhaube würde jeden deutschen TÜV-Angestellten wochenlange Albträume bescheren.

Am Montag begann dann meine Arbeit bei der ukrainischen NGO "Alternative-V", die hier für die Durchführung von EVS- und anderen Projekten zuständig ist. Noch besteht meine Arbeit eigentlich nur aus Bürokram, allerdings nur bis wieder konkrete Projekte anlaufen. Im Büro sind wir im Moment nur zu zweit, jedoch bekommen wir im Oktober Verstärkung durch einen weiteren Freiwilligen.



Der Erste Tag
Als ich den Entschluss gefasst hatte, für ein Jahr in die Ukraine zu gehen, um hier einen freiwilligen Weltwärts-Dienst zu machen, wurde ich erst einmal schräg angeguckt. "Was willste denn da?" war so ziemlich die häufigste Frage, die ich im letzten halben Jahr gehört habe. Kriminalität, Korruption, Krankheiten und viele andere schlimme Sachen, die oft, aber nicht immer mit K anfangen, prägen ja das Bild, dass man in Deutschland so von Osteuropa hat. Wenn das aber alles wäre, was es hier so gibt würde ja keiner mehr leben hier, sodass ich mich entschlossen hab, mal am eigenen Leib zu erfahren, wie das Leben hier so ist.
Erster Eindruck nach der Landung: Flughäfen sind halt Flughäfen, ganz egal wo man hinkommt.
Zweiter Eindruck auf der Fahrt vom Flughafen zu dem Ort, der für die nächsten 363 Tage mein Zuhause sein sollte: Es ist gesellschaftlich offenbar anerkannt, zwei Fahrstreifen gleichzeitig zu benutzen.
Die Stadt an sich, dass ließ sich schon auf der Fahrt erkennen und bestätigt sich egal wo man hier hin kommt, ist trotz der rauchenden Schlote am Horizont und Sowjetwohnblöcken grün. Überall Bäume und zig Parks, die allerdings die auch die eine oder andere bröckelnde Fassade verbergen.
Natürlich ist das Erste was mich nach meiner Ankunft erwartet Essen. Da ich bei einer älteren ukrainischen Dame unterkomme, wird mir schnell klar, dass ich in diesem Jahr auf jeden Fall nicht abnehmen werde.
Abends gehts dann in die Innenstadt, wo wir mit Hilfe einer mir unverständlichen App fürs Smartphone zuerst umsonst Krimsekt trinken und dann eine rumänische Kneipe/Restaurant/Karaoke- und Shishabar namen "Bukarest" besuchen, in der angetrunkene Menschen russische Schlager interpretieren. Interessant, zumindest. Was vom ersten Tag auf jeden Fall hängen bleibt: Ukrainer sind ausgesprochen gastfreundlich, auch wenn ich noch einige Kommunikationsprobleme habe. Zumindest die jungen Leute die ich bis jetzt kennen gelernt habe, sprechen allerdings größtenteils wirklich gut englisch.



Angekommen!
So ich bin jetzt schon mehr als eine Woche in Donezk, und es wird Zeit diesen Blog offiziell mit meinem ersten Eintrag zu eröffnen. Ich werde versuchen regelmäßig an dieser Stelle was zu schreiben, mal schauen wie lange ich das durchhalte.
Wenn ich das hinkriege wird auch das Layout noch angepasst. ;)